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AvW

09.06.2016

AvW-Pleite: Die Rechnung erhält der Steuerzahler

Wien. Nur im schlimmsten Fall müsse der österreichische Steuerzahler für die Schäden der AvW-Anleger aufkommen, hieß es bis vor kurzem. Der ist nun offenbar eingetreten. Im Finanzministerium hat man in den letzten Wochen einen Entwurf zur Änderung des Wertpapieraufsichtsgesetzes gebastelt, in dem die Anlegerschäden auf den Bund überwälzt werden.

AvW: Entschädigung für Anleger
Obwohl der Entwurf schon am Dienstag den Ministerrat passierte, bekam ihn zuvor nur die Wirtschafts- und Arbeiterkammer zu sehen. Ein ordentliches Begutachtungsverfahren gab es nicht. Normalerweise werden zahlreiche Interessensverbände wie die Industriellenvereinigung oder die Rechtsanwaltskammer ebenfalls eingebunden. Für den Steuerzahler bedeutet der Entwurf Unerfreuliches, wird er doch nach dem Hypo-Desaster schon wieder zur Kassa gebeten – wenn auch „nur“ mit 148 Mio Euro. Schellings Gesetzesentwurf sieht nämlich folgendes vor: Der Minister wird ermächtigt, an die Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen (AeW) im Jahr 2016 eine Zahlung von über 148 Mio. Euro zu leisten.

„Schaden wird solidarisiert“
Und warum? Eigentlich müsste ja die Haftungsgesellschaft AeW jenen 12.500 Anlegern ihre Schäden ersetzen, die sie aufgrund ihrer Fehlinvestitionen in Wertpapiere die AvW-Aktiengesellschaft erlitten haben. Das Unternehmen des Finanzbetrügers Wolfgang Auer-Welsbach ging 2012 pleite, die Wertpapiere verloren jeden Wert. Eine Klagsflut war die Folge. Und der Oberste Gerichtshof verurteilte 2015 schließlich die AeW zu Entschädigungszahlungen an die Anleger. Doch die AeW sieht sich außerstande, diese rund 153 Mio Euro zu berappen. „Sie übersteigen die Leistungsfähigkeit der AeW bei Weitem“, sagte ihr Geschäftsführer Johannes Gotsmy zur „Presse“. Dabei hat die AeW bei ihren Mitgliedern, den österreichischen Wertpapierunternehmen, 2015 schon Sonderbeiträge eingehoben. „Aber sie trifft überhaupt kein Verschulden an der AvW-Pleite“, sagt Gotsmy. Es sei gesetzlich auch nicht vorgesehen, dass sie mehr zahlen, „denn sonst wären sie selbst in ihrer Existenz gefährdet.“ Und nachdem die Rechtsprechung nicht die Anleger die Verantwortung für ihre Investments tragen lassen will, bleibt nur eines: „Der Schaden wird solidarisiert“, so Gotsmy.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2016)

22.02.2016

AvW-Skandal: Neues Urteil – Depotbank muss nicht haften

Schon der Beginn des Jahres brachte für jene Anleger, die AvW-Genussscheine gekauft haben, nichts Gutes: Das Oberlandesgericht Wien wies überraschend die Klage der Investoren gegen die Republik Österreich ab. Der Ball liegt nun beim Obersten Gerichtshof (OGH).

Ein weiterer Schauplatz befindet sich schon seit 2009 vor dem Landesgericht Klagenfurt. Hier klagten die Anleger die Depotbank (RBB Klagenfurt) mit dem Argument, die Depotbank hätte die Machenschaften von AvW aufdecken und die Anleger verständigen müssen. Drangen die Anleger im Jahr 2010 in erster Instanz noch durch, ging es  mit der Übernahme des Mandats durch Brandl & Talos Rechtsanwälte für die Depotbank bergauf. Der OGH entschied zu Gunsten der Depotbank, hob das erstinstanzliche Urteil auf und erteilte den Auftrag an das LG Klagenfurt, sich die Sache noch einmal genauer anzusehen. Nun entschied das Gericht nach umfassendster Untersuchung des Komplexes, dass eine Haftung der Depotbank nicht gegeben sei.

Rechtsanwalt Ernst Brandl, der vor Ort vom Präsidenten der Kärntner Anwaltskammer Gernot Murko unterstützt wurde, sieht sich bestätigt: "Eine Depotbank stellt nur ein elektronisches Schließfach zur Verfügung, in dem die Wertpapiere aufbewahrt werden. So wie bei einem normalen Schließfach kann die Bank nicht dafür verantwortlich sein, ob das, was der Kunde ins Schließfach legt, werthaltig ist oder nicht. Jeder versteht, dass sich der Kunde nicht darüber beschweren kann, dass eine im Schließfach verwahrte Perlenkette unecht oder mangelhaft verarbeitet ist. Eine Haftung der Bank für den Inhalt des Schließfachs würde den Bogen bei Weitem überspannen. In Anbetracht der geringen Erträge würden sich die Banken aus dem Depotgeschäft zurückziehen", erklärt der zu den führenden heimischen Experten für Kapitalmarktrecht zählende Brandl. "Auch wenn es sich um eine erstinstanzliche Entscheidung handelt, sind wir zuversichtlich, dass der OGH diese Ansicht letztlich teilen wird."

(Quelle: FONDS professionell / gp)

17.02.2016

AvW-Anlegeranwalt zu OLG-Entscheid: „Skurril“

Tausende AvW-Anleger hoffen weiterhin, dass sie einen Teil ihres Schadens aus dem Steuertopf ersetzt bekommen. Sie haben ein Amtshaftungsverfahren gegen die Republik wegen etwaiger Fehler der Finanzaufsicht angestrengt. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien wies ihre Amtshaftungsklage aber ab – mit haarsträubender Begründung, wie die Anlegeranwälte finden. Sie haben schon Revision eingelegt.

Das Erstgericht hatte den Anlegern noch Recht gegeben und eine Haftung der Republik für die Schäden festgesellt. Die Finanzaufsicht (damals BWA, heute FMA) hätte beim mittlerweile inhaftierten früheren AvW-Chef Wolfgang Auer-Welsbach genauer hinschauen müssen. Dem Erstgericht zufolge hätten den BWA-Prüfern bereits 2000/01 massive Zweifel am Genussscheinkonstrukt AvW kommen müssen. Es habe schon damals Hinweise auf Betrugshandlungen gegeben. Die Aufseher hätten jedenfalls dem Verdacht, dass Auer-Welsbach die Kurse manipuliert hat, nachgehen müssen.

Die erstinstanzlichen Feststellungen über die Kursmanipulation habe das Oberlandesgericht Wien allesamt übernommen, sagte Anlegeranwalt Erich Holzinger am Donnerstag zur APA.

Dennoch hat das OLG die Amtshaftungsklage abgeschmettert. Begründet wurde dies laut Holzinger hauptsächlich mit der gesetzlichen Anzeigenpflicht jeder österreichischen Behörde. Diese müssen, wenn sie einen Verdacht auf strafbare Handlung haben, damit zur Staatsanwaltschaft gehen. Bei AvW habe das OLG argumentiert, dass der Zweck der Anzeigenpflicht lediglich der Schutz der physischen und psychischen Integrität sei, so Holzinger. Das sei "skurril", denn die Finanzaufsicht habe ja nie mit Fällen zu tun, wo Menschen körperlich bedroht sind. Vielmehr gehe es um den Schutz von Vermögen.

Holzinger und zwei seiner Anwaltskollegen, die ebenfalls zahlreiche AvW-Anleger vertreten, haben bereits eine ordentliche Revision eingebracht. Nun ist der Oberste Gerichtshof (OGH) am Zug.

(Quelle: APA)

25.01.2016

Update: Konkurssache AVW-Gruppe und AvW-Invest AG

Sehr geehrte Advofin-Kundin, sehr geehrter Advofin-Kunde,

in der Konkurssache AVW-Gruppe und AvW-Invest AG hat der Masseverwalter für annähernd alle unsere Kunden – die durch die beauftragte Rechtsanwaltskanzlei Denk Kaufmann Fuhrmann – angemeldeten Ansprüche in voller Höhe akzeptiert.

Über die einzelnen Feststellungen wurden Sie bereits per Brief informiert.

Nach derzeitigem Wissenstand ist mit einer Quote von 10-15% zu rechnen. Nachdem der Masseverwalter nunmehr die formelle Frist zur gerichtlichen Durchsetzung von Forderungsanmeldungen nochmals auf 30.04.2016 erstreckt hat, ist mit einer Ausschüttung erst im zweiten Halbjahr 2016 zu rechnen.

Sobald das Geld zur Auszahlung bereit steht werden wir Sie hinsichtlich der Abwicklung und Bekanntgabe der Kontodaten erneut postalisch informieren.

04.05.2015

AvW-Pleite: Gericht sieht Staat in der Pflicht

Die Pleite beschäftigt die Gerichte immer noch, mehr als 12.500 Anleger verloren eine halbe Mrd. Euro. Das Wiener Landesgericht sieht den Staat in der Pflicht.

Es gibt ein erstinstanzliches Urteil, das den Anlegern Hoffnung macht. Demnach hafte die Republik für Schäden, weil die Finanzaufsicht nicht hingeschaut habe. Das Urteil des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtsachen ist noch nicht rechtskräftig, die Anlegeranwälte Erich Holzinger, Harald Christandl und Gerd Mössler, die das Musterverfahren angestrengt haben, sprechen aber schon jetzt von einem „Knalleffekt“.

„Wenn die Entscheidung rechtskräftig wird, bedeutet dies, dass die Republik für die massiven Aufsichtsverletzungen der Wertpapieraufsicht den Investoren ab 2002 vollen Schadenersatz zu leisten hat“, so Holzinger am Montag zur APA. Sprich, die Steuerzahler müssten wegen Versagens der damaligen Bundeswertpapieraufsicht BWA, Vorgängerbehörde der FMA, zahlen.

Gericht: Prüfer hätten Zweifel haben müssen

Es ginge wohl um ein paar hundert Millionen Euro, schätzen Involvierte. Im Masseverfahren wurden 19.000 Forderungen in Höhe von rund 1 Mrd. Euro angemeldet, es dürfte aber am Ende des Tages nur die Hälfte anerkannt werden. Dem Gericht zufolge hätte den BWA-Prüfern schon 2000/01 massive Zweifel am Genussscheinkonstrukt AvW des mittlerweile inhaftierten Finanzjongleurs Wolgang Auer-Welsbach kommen müssen. Es habe schon da Hinweise auf Betrugshandlungen gegeben.

„Der Berechnungsmodus des Kurses wurde als ‚unüblich, willkürlich und nicht nachvollziehbar‘ bezeichnet. Die BWA hat sich mit diesem Prüfungsergebnis offenbar abgefunden und daraus nicht den naheliegenden Schluss gezogen, dass dieser Berechnungsmodus nicht nachvollziehbar geeignet ist, den Wert der Genussscheine festzustellen“, heißt es in dem Urteil. „Wie festgestellt, erschien der Prüferin in concreto die Darstellung des Dr. Auer-Welsbach betreffend den Genussscheinkurs als ‚wie wenn man vor einer Glaskugel sitzt‘.“

„Unterlassung weiterer Prüfungen rechtswidrig“

Dem Gerichtsurteil zufolge hätten die BWA-Prüfer dem Verdacht der „malversiven“ Bildung des Genussscheinkurses nachgehen müssen. „Die BWA hätte jedenfalls prüfen müssen, solange der Verdacht hinsichtlich WAG-Verstöße oder strafrechtlicher Verstöße nicht entkräftet war. Dies hätte jedenfalls betreffend des Genussscheinkurses nicht gelingen können“, hält der Richter fest.

„Die Unterlassung weiterer Prüfungen bzw. sogar einer Strafanzeige war in Anbetracht der festgestellten Prüfungsergebnisse auch in Ansehung der ‚Umstrukturierung‘ daher unvertretbar rechtswidrig“, so das Gericht. Wäre schon damals, lange vor dem Zusammenbruch des Finanzkonglomerats, ein Strafverfahren gegen Auer-Welsbach eingeleitet worden, hätte dies zu Negativschlagzeilen geführt und es hätten nicht so viele Anleger AvW-Genussscheine gekauft, so das Argument des Richters.

Tagsatzungen in Klagenfurt

In den Konkursverfahregen gegen die AvW-Gruppe AG sowie der AvW-Invest AG finden im Juli und August am Landesgericht Klagenfurt Tagsatzungen statt, wo diese geprüft werden. Das vorhandene Vermögen der beiden AvW-Gesellschaften beläuft sich auf 73,5 Mio. Euro.

Die Masseverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg brachten zur Klärung offener Rechtsfragen Musterverfahren ins Rollen. Diese sind im Wesentlichen abgeschlossen, erklären sie den Anlegern in einem Brief vom Montag, der der APA vorliegt. Die genaue Höhe der angemeldeten Forderungen gaben die Masseverwalter nicht bekannt. Es ist von rund einer Mrd. Euro die Rede, wobei aber wohl nur rund die Hälfte anerkannt werden dürfte, denn einige Forderungen wurden mehrfach angemeldet. Auer-Welsbach hatte im Strafprozess 2010/11 gegen ihn zugegeben, einen Schaden von mehr als 450 Mio. Euro angerichtet zu haben. Er wurde wegen Betrugs und Untreue zu acht Jahren Haft verurteilt.

Motorboote und Liegenschaften verkauft

Im Massetopf der AvW-Gesellschaften liegen lediglich 73,5 Mio. Euro – 46,1 Mio. auf dem Konto der AvW Gruppe AG und 27,4 Mio. auf jenem der AvW Invest AG. Die Verwertung des Vermögens ist laut Masseverwalter abgeschlossen. Sie haben unter anderem Liegenschaften, Motorboote und Aktienpakete des Krumpendorfer Finanzimperiums veräußert.

Das Geld soll im Februar 2016 fließen, so der Plan der Insolvenzverwalter. Sollten die noch anhängigen Gerichtsverfahren in der Sache „bis dahin noch nicht entschieden sein, beabsichtigen wir die entsprechende Quote bei Gericht zu hinterlegen und je nach dem Ergebnis der betreffenden Entscheidung auszuschütten. Dasselbe gilt für allfällige Prüfungsprozesse“, heißt es im 6. Anlegerbrief.

Verfahren gegen Verkäufer läuft noch

Eines dieser noch laufenden Verfahren ist der Musterprozess zu Hans Linz. Linz hat eine eigene „Barschiene“ beim Verkauf von AvW-Genussscheinen aufgezogen und wurde ebenfalls wegen Betrugs verurteilt. Nun wird vor Gericht geklärt, ob jene, die bei Linz gekauft haben, auch Anrecht auf Geld aus dem AvW-Massetopf haben. Ein erstinstanzliches Urteil sprach ihnen auch in den AvW-Konkursverfahren Gläubigerstellung zu, die Masseverwalter haben dagegen aber berufen, weil sie anderer Ansicht sind. Die Quote in Linz’ Konkursverfahren hatte nur 1,2 Prozent betragen.

Auch Finanzamt will Millionen

Weiters wird vor Gericht um eine Finanzamtszahlung über 63 Mio. Euro gestritten. Das Klagenfurter Finanzamt hat 2012 als Ergebnis einer Außenprüfung für den Zeitraum 2002 bis 2008 Körperschaftsteuern in Höhe von 58,2 Mio. Euro plus 7,6 Mio. Euro an Zinsen, insgesamt also 65,8 Mio. Euro, vorgeschrieben. Die Masseverwalter haben gegen die Bescheide berufen – vorerst erfolgreich: Am 5. März 2015 hat das Bundesfinanzgericht die Steuer auf 2,6 Mio. und die Zinsen auf 300.000 Euro reduziert. Dagegen hat aber wiederum das Finanzamt eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben. Geht diese durch, fließen knapp 63 Mio. Euro in die Staatskasse – Geld, das sonst den Anlegern zugutekommen würde.

Die Masseverwalter weisen die Anleger außerdem darauf hin, dass sie, wenn sie bereits Entschädigungszahlungen von Banken oder dergleichen bekommen haben, ihre Forderungen um diesen Betrag einschränken müssen. Bei den Prüfungstagsatzungen wird höchstens der tatsächlich bezahlte Kaufpreis plus das tatsächlich bezahlte Agio (Ausgabeaufschlag) zuzüglich 4 Prozent Zinsen anerkannt. Die Betroffenen werden gebeten, die Masseverwalter nicht anzurufen, „da telefonische Auskünfte zu 19.000 Forderungsanmeldungen unmöglich zu bewältigen sind.“

(orf.at, 04.05.2015)

01.09.2014

AvW: 2,5 Jahre Haft nach Geständnis

Er hatte seinen Arbeitgeber um 1,3 Mio. Euro gebracht. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Am Montag, dem ersten Prozesstag, hatten der 45-Jährige Investmentbanker und sein Mitangeklagter, ein 42-jähriger Wiener Broker, dem eine Beitragstäterschaft in einem Teil der Fälle zur Last gelegt wurde, noch sämtliche Vorwürfe bestritten – mehr dazu in Ex-AvW-Prokurist wegen Untreue vor Gericht. Dienstagfrüh legten plötzlich beide Geständnisse ab und bekannten sich zur Anklage schuldig.

Sie gaben zu, bei Wertpapiergeschäften für AvW im Jahr 2008 Gewinne lukriert zu haben, die dem Unternehmen nicht zugeführt wurden. Teilweise floss das Geld in private Taschen, Verluste gingen in jedem Fall zulasten von AvW. Das Gesamtvolumen der Transaktionen lag bei 50 Mio. Euro. Als Beweise legte Staatsanwalt Helmut Jamnig unter anderem Chat-Protokolle der Angeklagten vor, in denen auch die krummen Geschäfte besprochen wurden. Für Jamnig belegen diese, dass die Vorgänge geplant waren und in Bereicherungsabsicht erfolgten.

Geldstrafe für Zweitangeklagten

Der Schöffensenat verurteilte den Wiener Broker zu einer kombinierten Strafe. Er muss 7.200 Euro Geldbuße zahlen und bekam außerdem eine bedingte Haftstrafe von 14 Monaten aufgebrummt. Einen „Klopfer auf die Finger“, nannte der Vorsitzende, Richter Gerhard Pöllinger, die unbedingte Geldstrafe in der Urteilsbegründung. Dem AvW-Masseverwalter wurde Schadenersatz zugesprochen.
Der Ex-Prokurist haftet für die vollen 1,3 Mio. Euro. Für den Schaden aus den gemeinsamen Taten, das betrifft knapp 117.000 Euro daraus, müssen beide Männer gerade stehen.

31.03.2014

Gutachten: Staat soll für AvW-Pleite zahlen

Wien. Im Fall des 2008 zusammengebrochenen Kärntner Finanzkonglomerats AvW sorgt nun ein brisantes Gutachten für Aufmerksamkeit: Der Gutachter Fritz Kleiner erhebt darin schwere Vorwürfe gegen die Bundeswertpapieraufsicht (BWA), die Vorgängerorganisation der jetzigen Finanzmarktaufsicht (FMA). Diese habe problematische Vorgänge und Betrügereien bei AvW um Jahre zu spät erkannt, habe Verdachtsmomente zudem nicht ausreichend weiterverfolgt und sei damit für die Höhe des aufgetretenen Schadens mitverantwortlich, heißt es in der Expertise.

Das Gutachten könnte die Republik ziemlich teuer zu stehen kommen. Folgt das Gericht den Ausführungen Kleiners, dann können geprellte AvW-Anleger nämlich Schadenersatz aus Amtshaftung geltend machen. Was wohl auch geschehen wird, denn das Gutachten wurde im Auftrag des Landesgerichts für Zivilrechtssachen in Wien angefertigt.

Es geht um sehr viel Geld: Die AvW-Gruppe war 2008 zusammengebrochen, betroffen waren rund 12.500 Anleger. Diese haben 940 Mio. Euro an Forderungen angemeldet, bisher aber noch keinen einzigen Cent gesehen. Ex-Firmenchef Wolfgang Auer-Welsbach hat unterdessen eine mehrjährige Haftstrafe wegen schweren Betrugs ausgefasst, die er bereits angetreten hat.

Kleiner wirft der Bundeswertpapieraufsicht in seinem mehr als 300-seitigen Papier schwere Versäumnisse vor. Schon sieben Jahre vor der Pleite, 2001, seien bei einer Prüfung des Unternehmens Verdachtsmomente aufgetaucht, die eigentlich alle Alarmglocken schrillen hätten lassen müssen. So hätten die Prüfer damals festgestellt, dass die Kurse der AvW-Genussscheine auf eine Weise festgesetzt wurden, die den Experten der BWA „unüblich, willkürlich und nicht nachvollziehbar“ erschien. Kleiner schließt daraus, dass die BWA damals schon erkennen hätte müssen, dass die Kurse von Firmenchef Auer-Welsbach praktisch nach Gutdünken festgelegt wurden und keinerlei realen Hintergrund gehabt haben.

Allerdings haben die Probleme, so das Gutachten, schon viel früher angefangen. 1991, also zehn Jahre vor dieser Prüfung, sei die Kapitaldeckung der AvW schon so gering gewesen, dass ein Zusammenbruch praktisch unausweichlich schien. Spätestens ab 1998 hätten sich die Hinweise, dass an der Sache etwas faul ist, so sehr verdichtet, dass die Behörde zumindest extrem misstrauisch hätte werden sollen. Zumal zu diesem Zeitpunkt ja auch schon die Kapitalgarantie des Unternehmens hinterfragenswert gewesen sei und die Möglichkeit der Rückgabe der Genussscheine in Zweifel gezogen hätte werden können.

Verdacht nicht weiterverfolgt

Die Prüfer der Bundeswertpapieraufsicht hätten um die Jahrtausendwende zwar schon einen ernsten Verdacht geschöpft, diesen aber nicht ausreichend weiterverfolgt. 2001 hatte die BWA beispielsweise die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young um nähere Erläuterung der Rückstellungen gebeten. Die Ausführungen der Prüfer seien unzureichend gewesen, Auer-Welsbach selbst soll dazu reichlich „diffuse Aussagen“ getätigt haben. Die Prüfer gaben sich damit aber zufrieden, heißt es in dem Gutachten. Jedenfalls wurden die Verdachtsmomente nicht weiter verfolgt.
Die Anlegeranwälte, die das Verfahren gegen die Republik angestrengt haben, sehen ihre Argumentationslinie durch das Kleiner-Gutachten voll bestätigt und wollen nun sofort in Vergleichsverhandlungen eintreten.

16.10.2013

Hoffnung für AvW-Geschädigte

Gibt es für Inhaber von Genussscheinen der Kärntner Pleitefirma AvW nun doch Hoffnung? Ja, wenn es nach dem neuesten Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) geht. Dieser hat festgestellt, dass die Anlegerentschädigung AeW die Betroffenen mit bis zu 20.000 Euro entschädigen muss, wenn zwischen AvW Invest (Vermittlerin) und AvW-Gruppe (Emittentin) eine wirtschaftliche oder personelle Verflechtung besteht und sich der Anleger auf ein indirektes Halten seiner Gelder durch die Vermittlerin beruft. 12.500 Inhaber von Genussscheinen wurden um zig Millionen gebracht.

"Einige von ihnen könnten Teile ihres Investments rückerstattet bekommen, sollte das Erstgericht in ihrem Sinne entscheiden", sagt Peter Kolba, Chefjurist des Vereins für Konsumenteninformation (VKI). Voraussetzung ist jedoch, dass sie ihre Ansprüche binnen eines Jahres ab der Konkurseröffnung bei der AeW angemeldet haben. Diese Frist lief von 4. Mai 2010 bis 5. Mai 2011.

Das jetzige Urteil stellt eine Kehrtwende dar. Ursprünglich hatte der OGH die Entschädigungspflicht der AeW verneint.

10.10.2013

AvW-Krimi: Gutachter zerpflückt Steuerhinterziehungs-Anklage

Vor fünf Jahren platzte die 350 Millionen Euro schwere Anlagebetrugs-Affäre AvW um Wolfgang Auer-Welsbach. Dreieinhalb Jahre seiner achtjährigen Haftstrafe hat er schon abgesessen. Im ersten Finanzstrafverfahren hat er weitere neun Monate Haft ausgefasst. Vor einem Jahr hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt eine zweite Steuer-Anklage gegen ihn eingebracht: Als Chef der AvW-Gruppe soll er fast 60 Millionen Euro Körperschaftssteuer hinterzogen haben. Das hat eine Prüfung der Finanz ergeben.

Damit wäre die Finanz der größte Gläubiger im AvW-Konkursverfahren, die Quote für 12.500 Anleger würde sich drastisch schmälern.

Doch die AvW-Insolvenzverwalter bekämpfen den Steuerbescheid. So haben sie ein pikantes Gutachten des renommierten Sachverständigen Fritz Kleiner vorgelegt. Das hat der Klagenfurter Richter Christian Liebhauser-Karl in Auftrag gegeben, der den zweiten Finanzstraf-Prozess gegen Auer-Welsbach leiten sollte. Der fand bisher nicht statt. Denn: Kleiner hatte den Richter darauf hingewiesen, dass die angeklagte Steuercausa aufgrund von OGH-Urteilen neu zu bewerten ist.

Gutachten zerbröselt

Kleiners Gutachten führte nun dazu, dass die Anklage zerbröselt. Laut Kleiner soll AvW den Genussschein-Handel „unrichtig bilanziert“ haben, was weder den Finanzern noch dem AvW-Steuerberater aufgefallen war. AvW hatte den Verkauf der Genussscheine nicht als Einnahme, sondern „steuerneutral“ als Eigenkapital verbucht. Zugleich hätten der rege Rückkauf der Genussscheine als Aufwand verbucht und Rückstellungen gebildet werden müssen.

Bei richtiger Bilanzierung wäre laut Kleiner keine Steuerschuld, sondern ein Verlustvortrag entstanden. Aus seiner Sicht ergibt sich daher „kein Ansatz einer Abgabenhinterziehung“. Auch hätte die Finanz diese „Fehl-Bilanzierung“ schon bei der Steuerprüfung der Jahre 1999 und 2003 erkennen können.

Dass Auer-Welsbach AvW-Genussscheine um 30 Millionen Euro privat verkaufte, aber keine Einkommensteuer dafür zahlte, sah die Finanz als verjährt an. Nein, sagt Kleiner, das ist nicht verjährt. Demnach soll Auer-Welsbach 14,75 Millionen Euro Steuer hinterzogen haben. Die Klagenfurter Anklagebehörde steht vor einem Dilemma: Die alte Anklage dürfte nicht halten, und der neue Steuervorwurf muss angeklagt werden. Erich Leitner von der Oberstaatsanwaltschaft Graz bestätigt dem KURIER, dass seine Behörde derzeit die weitere Vorgangsweise prüft.

03.06.2013

12.500 AvW-Geschädigte erhalten Geld aus Insolvenztopf

In der 350 Millionen Euro schweren Anlagebetrugs-Affäre AvW um den Kärntner Finanzbetrüger Wolfgang Auer-Welsbach (acht Jahre Wien) hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) einen entscheidenden Musterprozess für die 12.500 Geschädigten vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) gewonnen. Der OGH stellte fest, dass es keinen Grund gibt, die Schadenersatz-Forderungen der AvW-Opfer an die Insolvenzmasse nicht als normale Konkursforderung anzuerkennen.

„Damit sind alle AvW-Geschädigten, die ihre Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet haben, normale Konkursgläubiger und nicht nachrangige Gläubiger“, heißt es in einer Aussendung des VKI-Juristen Peter Kolba. „Das bedeutet, dass diese Personen nicht etwa erst nach dem Finanzamt oder der Sozialversicherung, sondern gleichberechtigt zum Zug kommen, wenn die Konkursmasse verteilt wird.“ Nachsatz: „Die Geschädigten werden so zumindest zu einem Teil ihre Schäden ersetzt bekommen". Rund 70 Millionen Euro liegen derzeit im Insolvenztopf, die ausgeschüttet werden können.

Zur Vorgeschichte

Die Insolvenzverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg hatten sämtliche Forderungen der AvW-Opfer bestritten, da bisher keine Judikatur des OGH zu einem Fall einer Beteiligung auf Genussschein-Basis vorlag. Zugleich einigten sie sich mit dem VKI, diese Rechtsprobleme in Musterprozessen zu klären. Aber schon das Landesgericht Klagenfurt (als erste Instanz) hat den geschädigten Anlegern einen Anspruch an die Konkursmasse zugesprochen wie auch das Oberlandesgericht Graz (als zweite Instanz). Nun hat der Oberste Gerichtshof die ordentliche Revision der Insolvenzverwalter mit der heute zugestellten Entscheidung zurückgewiesen.

10.04.2013

AvW-Opfer dürfen auf mehr Geld hoffen

In der 350 Millionen Euro schweren Anlageaffäre AvW um den Kärntner Finanzbetrüger Wolfgang Auer-Welsbach (acht Jahre Haft) wird es noch einmal spannend. Denn: Das Finanzstrafverfahren gegen Auer-Welsbach – er soll beim Geschäft mit den Genussscheinen rund 59,88 Millionen Euro Körperschaftssteuer hinterzogen haben – könnte platzen.

Zwar liegt seit Sommer 2012 eine Steuer-Anklage gegen ihn vor, doch Richter Christian Liebhauser-Karl lässt die anscheinend nicht schlüssigen Finanz-Vorwürfe nochmals abklopfen. Vor wenigen Tagen hat er den Grazer AvW-Gutachter Fritz Kleiner mit einer neuen Expertise beauftragt. Grund sind offenbar zivile Gerichtsurteile, die geschädigte Anleger erfolgreich erstritten haben.

Verlust oder Gewinn

Demnach hat das Finanzkonglomerat AvW den Investoren sehr wohl zugesichert, die verkauften Genussscheine zum aktuellen Kurs wieder zurückzunehmen. Damit waren die Rückkäufe aber als Betriebsausgaben zu bilanzieren, wie es AvW auch verbucht hat, und außerdem entsprechende Rückstellungen in den Bilanzen zu bilden. Mehr noch: Dadurch, dass Auer-Welsbach den AvW-Kurs manipulierte und dieser immer nur stieg, machte die Finanzfirma bei den Rückkäufen Verluste – und nicht Gewinne, wie die Finanz meint.

„Wir sind guter Hoffnung, dass unsere Rechtsansicht richtig ist und nichts herauskommt“, sagt Franz Großmann, der Verteidiger von Auer-Welsbach, zum KURIER. Wird diese Rechtsmeinung von Gutachter und Gericht geteilt, würden am Ende auch die 12.500 geschädigten AvW-Anleger massiv profitieren. Sie würden eine wesentlich höhere Gläubigerquote aus dem Insolvenztopf erhalten, in dem 70,74 Millionen Euro liegen. Denn der Forderungsanspruch der Finanz (59,88 Millionen Euro) würde wegfallen.

„Das ist auch die Meinung der Masseverwalter“, bestätigt Wirtschaftsprüfer Ernst Malleg, der mit Anwalt Gerhard Brandl die beiden AvW-Insolvenzverfahren managt. Brandl und Malleg haben die Insolvenzforderung der Finanz bestritten und die Steuerbescheide schon im Mai 2012 beeinsprucht. „Die Abgabenschuld wird sich in null auflösen“, sagt Malleg. „Das ist aber das einzige Thema, wo wir auf der selben Seite wie Herr Auer-Welsbach kämpfen.“

17.03.2013

AvW-Pleite: Tausende Anleger gehen leer aus

Wien. Bei der Pleite einer Bank springt in Österreich die gesetzlich fixierte Einlagensicherung ein. Für Kunden von Finanzberatern und Finanzfirmen gibt es die sogenannte „Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen“ (AeW).

Doch diese Einrichtung muss nicht für die Schäden bei der Kärntner Finanzfirma Auer von Welsbach (AvW) aufkommen. Das hat nun der Oberste Gerichtshof in einem Musterverfahren klargestellt. Von dem Urteil sind tausende Anleger betroffen. Diese haben Ansprüche in dreistelliger Millionenhöhe angemeldet.

Die AvW-Gruppe und die AvW-Invest schlitterten im Mai 2010 in den Konkurs. Ende Jänner 2011 wurde deren Chef und Gründer, Wolfgang Auer-Welsbach, wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs und Untreue zu acht Jahren Haft verurteilt. Seit dem Zusammenbruch des AvW-Imperiums sitzen rund 12.500 Anleger auf de facto wertlosen Genussscheinen. Viele versuchen mit juristischen Mitteln, sich einen Teil des Geldes zurückzuholen.

Zunächst war unklar, ob die Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen für den Wertverlust haften und die Anleger entschädigen muss. Aufgrund der Vielzahl der Fälle vereinbarte die AeW mit Anlegervertretern, dass diese Frage in Musterverfahren geklärt wird. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs gibt es im Fall Auer-Welsbach aber keinen Sachverhalt, für den die Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen haften muss.

Umstrittene Genussscheine

„Der vorliegende Fall ist die erste höchstgerichtliche Entscheidung in diesen Musterprozessen“, sagt Andreas Zahradnik, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Dorda Brugger Jordis. „Die OGH-Entscheidung wird auch für die anderen Musterprozesse maßgeblich sein.“ Zahradnik vertritt in der Causa die Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen.

Bereits im Vorjahr hat das Handelsgericht Wien erklärt, dass die AeW nicht für die Genussscheine der Auer-Welsbach-Firma aufkommen muss, da den Klägern vereinbarungsgemäß Eigentum an den Scheinen verschafft worden sei und ihnen diese weiterhin zur Verfügung stehen würden – wenn auch nur in Form einer Konkursforderung. Die AeW haftet nur für typische Risken, die mit Wertpapierdienstleistungen verbunden sind.

Jetzt können Anleger nur noch auf einen kleinen Schadenersatz aus der AvW-Konkursmasse hoffen. Die AvW-Gruppe hat sich in der Vergangenheit über die Ausgabe von Genussscheinen im großen Stil Kapital beschafft und damit Anteile an Firmen in Österreich und Deutschland erworben. Im Herbst 2008 wurde der Rückkauf dieser Scheine eingestellt.