Rechtskräftige Urteile werden nicht bezahlt – wie ist das möglich?

Ein auch für AdvoFin in unserer knapp 23-jährigen Historie neues Phänomen hat sich in den letzten drei Jahren im Zusammenhang mit unserem Prozessfinanzierungsangebot zur Rückforderung von Online Glücksspielverlusten gezeigt: rechtskräftige Urteile werden von einigen in Österreich illegalen Glücksspielanbietern einfach nicht bezahlt. Allen voran sind die Anbieter Mr. Green, Pokerstars, William Hill und 888 als notorische Nichtzahler zu bezeichnen. Es scheint, als würden Sie nach dem Prinzip handeln: „wenn ich schon illegal anbiete, dann würdige ich auch Gerichtsurteile der österreichischen Justiz nicht“. Mittel- bzw. langfristig ein sehr mutiger Ansatz….

Diese Problematik betrifft in Österreich einige Tausend Geschädigte, deren Urteile von den Anspruchsgegner einfach ignoriert werden.

Wie ist das möglich?

Grundsätzlich sind rechtskräftige Urteile (= gegen die nicht berufen wurde und die somit in Rechtskraft erwachsen sind) innerhalb von 14 Tagen von der Gegenseite, dh. in Sachen Online Glücksspielrückforderungen von den jeweiligen Anbietergesellschaften, zu bezahlen. Erfolgt die Zahlung nicht, muss das Urteil „exekutiert“ bzw. „vollstreckt“ werden. Dies bedeutet, dass durch den Rechtsanwalt der obsiegenden Partei Schritte gesetzt werden, um die Zahlung durch die Gegenseite zu erwingen und/oder eine Pfändung von Vermögen vornehmen zu lassen.

Das Gute dabei: die Urteile sind 30 (!) Jahre lang vollstreckbar.

Das weniger Gute: die Vollstreckung ist, wenn es sich um Gesellschaften im Ausland handelt, nicht immer einfach, da nicht auf Vermögen im Inland zugegriffen werden kann.

Die Glücksspielanbieter, die Ihre Angebote illegal in Österreich nutzbar machen, sitzen stets in Ländern wie Malta, Zypern oder Curacao. Grundsätzlich besteht innerhalb der Europäischen Union auf Basis einer Verordnung eine gegenseitige Anerkennungspflicht von Urteilen, welche in einem anderen EU-Land ergangen sind. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass ein österreichisches Urteil ohne Prüfung der inhaltlichen Entscheidung zb. in Malta vollstreckt werden sollte.

Tatsächlich ist es allerdings so, dass die Vollstreckungsbemühungen (v.a. in Malta) seit gut 3 Jahren von den Glücksspielanbietern massiv bekämpft werden. So wird die Vollstreckung beeinsprucht, was zu einem Gerichtsprozess in Malta führt. Das Argument der Glücksspielanbieter: Die Vollstreckung der Urteile auf Rückzahlung der Verluste verstößt gegen die maltesische Grundordnung („ordre public“). Ein Argument, dass nach Wertung sämtlich beteiligten Rechtsanwälte auf Seiten der Spieler jegliche Grundlage entbehrt. Dennoch müssen die Gerichte in Malta diese Verfahren führen. Die Anbieter spielen in den Verfahren dann gekonnt auf Zeit und bringen zahllose Schriftsätze ein bzw. versuchen, viele Verhandlungen zu provozieren.

AdvoFin finanziert die Vollstreckung der Urteile unserer Kunden als Teil der abgeschlossenen Prozessfinanzierungsvereinbarung. Eine Zusatzgebühr oder zusätzliche Beteiligungsquote bei notwendiger Vollstreckung wird (im Gegensatz zu vielen anderen Marktteilnehmern) niemals verrechnet.

Die österreichischen Anwälte unserer Kunden stehen im engen Austausch mit den vertretenden Anwälten in Malta, um in den aktuell anhängigen Musterverfahren mit maximaler Schlagkraft wirken zu können. Diese Musterverfahren haben hohe Relevanz für alle anderen Geschädigten, deren Urteile aktuell nicht bedient werden. Über die Restdauer der Verfahren kann zum jetzigen Zeitpunkt nur spekuliert werden.

Ein Gesetz in Malta soll die Vollstreckung endgültig verunmöglichen 

Mitte letzten Jahres hat die maltesische Regierung einen „interessanten“ Weg eingeschlagen: In der Rekordzeit von knapp 5 Wochen wurde in Malta, dem Sitz von einem Großteil der in Österreich und Deutschland illegal anbietenden Online-Glücksspielanbieter wie Mr. Green, Pokerstars und Bwin, ein Gesetz verabschiedet, welche die Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile gegen in Malta lizensierte Glücksspielanbieter unmöglich machen soll. Dies unter dem Deckmantel der „ordre public“. Das bedeutet, dass in Malta der Schutz von NATIONAL lizensierten Glücksspielanbietern nun per Gesetz zum Teil der öffentlichen Ordnung erklärt wurde. Ein durchaus amüsanter Ansatz.

In den Medien wurde die Thematik bereits breit diskutiert – u.a. in der Tagesschau, der FAZ und dem Standard.

Als Rechtfertigung werden nationale wirtschaftliche Interessen des Landes sowie die angebliche Gültigkeit der maltesischen Lizenz in der ganzen EU angeführt.

Wäre dem tatsächlich so, dürfe auch ein ein Drogenverkäufer, der in einem Land der EU eine nationale Genehmigung zum Verkaufen seiner Ware hat, seine Ware in allen anderen Ländern der EU verkaufen – auch, wenn der Verkauf von Drogen in diesen Ländern illegal ist. Rechtsdogmatisch kaum nachvollziehbar und nicht rechtzufertigen.

Gleichzeitig verstößt dieses Gesetz (die ominöse „Bill 55“) lt. der Wertung von zahllosen Rechtsanwälten, mit welchen AdvoFin im Austausch steht bzw. die für unsere Kunden die Rückforderung von Verlusten bei illegalen Anbietern in Österreich und Deutschland betreiben, ganz klar gegen das übergeordnete europäische Recht. Eine wechselseitige Anerkennung von Urteilen sei eines der Grundprinzipien der EU (dies auf Basis der entsprechenden Vollstreckungsverordnung, welche direkte Gültigkeit in den Mitgliedsländern hat).

Welchen Einfluss diese „Bill 55“ auf die anhänigen Mustervollstreckungsverfahren haben wird, muss sich noch zeigen.

Wie geht es nun weiter?

Aller Voraussicht nach, so die beauftragten Rechtsanwälte, kann sich Malta auf ein Vertragsverletzungsverfahren sowie auf potentielle EuGH-Vorabentscheidungsverfahren gefasst machen, die sich mit dieser „Bill 55“ auseinandersetzen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Gesetz in Rekordzeit als europarechtswidrig wieder außer Kraft gesetzt werden muss, ist lt. einhelliger Meinung der Rechtsanwälte groß.

Wir informieren unsere Kunden, die von diesen Nichtzahlungen betroffen sind, laufend über den Fortschritt der Mustervollstreckungsverfahren, der Entwicklungen rund um die „Bill 55“ sowie sonstige Tätigkeiten in Hinblick auf eine Vollstreckung der rechtskräftigen Urteile.

 

In der Zwischenzeit sind wir weiterhin für unsere Kunden in Österreich und Deutschland mit voller Kraft aktiv, um Ihre bei illegalen Glücksspielanbietern erlittenen Verluste für Sie zurückzufordern!

Alle Informationen und die Anmeldemöglichkeit zur Prozessfinanzierung finden Sie unter folgenden Links:

AdvoFin – kümmert sich um Ihren Anspruch und sorgt für Ihr Recht. Seit 2001.